Am 14.03.2023 konnte ich gemeinsam mit Mag.a Brigitte Zaussinger, Lehrerin für Bildnerische Erziehung und Werkerziehung an der AHS Kenyongasse, in der Klasse 6b den Workshop „Schrift und Bild“ halten. Vielen Dank an Mag.a Brigitte Zaussinger für die Einladung, die großartige Kooperation und die reichhaltige Bereitstellung von Materialien, an die Klasse 6b die wunderbaren Workshopergebnisse und an den OeAD für die Unterstützung!
Der Bericht, mit Fotogalerie auch im Blog der AHS Kenyongasse:
Im Workshop wurden vielfältige Möglichkeiten erprobt, Sprache und Bild kreativ zu verbinden und den visuellen Aspekt der Sprache, die Schrift, ästhetisch auszuloten, ohne dabei auch andere Aspekte wie Laute, Gestik und die Vorstellung zu vernachlässigen. Die beiden Doppelstunden waren jeweils den beiden Hauptzugängen zur visuellen Poesie gewidmet: Typografie und Handschrift. Um eine möglichst breite Palette visuell-poetischer Verfahren anzuwenden und die Sprache und Schrift auch haptisch erfahrbar zu machen, wurden zahlreiche Papiersorten, Schreib-, Zeichen- und Malutensilien sowie weitere Materialien bereitgestellt: Das Spektrum reichte von Kunststiften, Pinseln, Balsahölzern und Farben, darunter Holzlasurfarben, über Letternstempel in unterschiedlicher Größe und Beschaffenheit, leicht biegsame Drähte, textile Stoffe, Schnüre und Fäden bis zu einer historischen mechanischen Schreibmaschine. Zur Erstellung von Collagen dienten Zeitungen, Zeitschriften und Drucksorten, farbiges Papier, Scheren und Klebstoff.
Im ersten Teil des Workshops wurde nach einer einführenden Darstellung grundlegender Merkmale der visuellen Poesie wie etwa Nutzung der Fläche (Flächensyntax) oder Spannung durch Kontrastierung der typografisch orientierte Schreibimpuls „Ein Alphabet der visuellen Poesie“ gegeben. Dabei sollten die Teilnehmenden einen Buchstaben frei auswählen und visuell-poetisch gestalten, indem er zumindest als deutliches Leitmotiv des Text-Bildes zum Ausdruck kommt. Die entstandenen Arbeiten wurden an der Tafel platziert und diskutiert: Gibt es häufiger gewählte Buchstaben, Trends zu Vokalen oder Konsonanten? Wie wurden sie als Text-Bilder umgesetzt? Kann aus den Arbeiten zumindest ein Wort gebildet werden?
Der zweite Workshop-Teil „Asemic Writing“ nahm die Handschrift in den Fokus der kreativen Gestaltung. Zur Einführung wurde zunächst auf die lange Tradition der Kalligrafie besonders in fernöstlichen Kulturen (China, Japan, Korea) hingewiesen und am Beispiel des japanischen Shodō („Weg des Schreibens“) der meditative und kontemplative Aspekt der Handschrift genannt, der auch von der Schriftkunst und der visuellen Poesie der Moderne aufgegriffen wurde. Als Schreibimpuls wurde die neueste Entwicklung in diesem Bereich gegeben: Das seit Ende der 90er-Jahre von Australien und den USA ausgehende „Asemic Writing“, bei dem bestehende Buchstaben aufgelöst, erweitert und eigene Schriftzeichen gefunden werden, wodurch Textgrafiken als Sprungbilder zwischen Text und Bild mit offener Semantik und vielschichtigen Assoziationsräumen entstehen. Die von den Teilnehmenden mit ganz unterschiedlichen Papiersorten und Stiften, Pinseln und Farben erstellten Arbeiten wurden an der Tafel platziert und zeigten ganz individuelle, kreative und dichte Wege des Schreibens, die alle sowohl für sich stehend als auch in der Zusammenschau poetische Spannung erzeugen.
Fotos: Günter Vallaster